Jo­hann Hein­rich Pes­ta­loz­zi (VD)

Jo­hann Hein­rich Pes­ta­loz­zi (VD):
Ein päd­ago­gi­sches Land

Er­in­nert an… den Päd­ago­gen, So­zi­al­re­for­mer und Phil­an­thro­pen Jo­hann Hein­rich Pes­ta­loz­zi (1747–1827)

Eck­da­ten

Ort:Place Pes­ta­loz­zi, 1400 Yverdon-​les-Bains (VD)
Art:Per­so­nen­denk­mal
Ein­wei­hung:1890
Grös­se:10x6 Meter
Ma­te­ri­al:Bron­ze

Zum Denk­mal

Jo­hann Hein­rich Pes­ta­loz­zi (1746–1827) wurde in eine gut si­tu­ier­te Fa­mi­lie des Zür­cher Bil­dungs­bür­ger­tums ge­bo­ren. Als Phil­an­throp und Päd­ago­ge, So­zi­al­re­for­mer und po­li­ti­scher Phi­lo­soph mit na­tio­na­ler und in­ter­na­tio­na­ler Aus­strah­lung ge­stal­te­te er die so­ge­nann­te «Sat­tel­zeit» mit, die Jahr­zehn­te im Über­gang vom 18. zum 19. Jahr­hun­dert. Sein Name ist heute von Russ­land bis nach Bra­si­li­en, von Me­xi­ko bis nach Japan be­kannt. Zahl­rei­che Stras­sen und Schul­häu­ser, eben­so Forschungs-​ und Do­ku­men­ta­ti­ons­stel­len sind nach ihm be­nannt. 

Durch Bil­dung «als Men­schen leben»

Auf dem «Place Pes­ta­loz­zi» in Yver­don wurde 1890 auf In­itia­ti­ve eines ehe­ma­li­gen Schü­lers eine Pestalozzi-​Statue er­rich­tet, ge­stal­tet vom Ber­ner Bild­hau­er Karl Al­fred Lanz. Im So­ckel ein­gra­viert ist der Satz «J’ai vécu moi-même comme un men­di­a­nt pour ap­p­rend­re à des men­di­a­nts à vivre comme des hom­mes.» («Ich lebte wie ein Bett­ler, um die Bett­ler zu leh­ren, wie Men­schen zu leben.») Mit einem Kna­ben links und einem Mäd­chen rechts von Pes­ta­loz­zi ver­sinn­bild­licht die Sta­tue die Grün­dung des ers­ten Mäd­chen­in­sti­tuts 1806 in Yver­don, in dem Mäd­chen der­sel­be Schul­stoff ver­mit­telt wurde wie Kna­ben. Im Schloss von Yver­don baute Pes­ta­loz­zi zwi­schen 1804 und 1825 mit zahl­rei­chen Mit­ar­bei­ter ein in­ter­na­tio­nal be­kann­tes päd­ago­gi­sches Zen­trum auf. Hier wurde das Kon­zept einer gleich­wer­ti­gen Ele­men­tar­bil­dung für «den Kopf» (in­tel­lek­tu­ell), «das Herz» (sittlich-​religiös) und «die Hand» (hand­werk­lich) ent­wi­ckelt und prak­tisch um­ge­setzt.

«Ex­per­te im Schei­tern» - auch als Vater?

In der Aar­gau­er Ge­mein­de Birr wird Pes­ta­loz­zi mit einem 1846 er­rich­te­ten Grab­mal ge­ehrt. Hier grün­de­te er nach sei­nem ab­ge­bro­che­nen Stu­di­um der Theo­lo­gie und des Rechts und einer Aus­bil­dung zum Land­wirt zu­sam­men mit sei­ner Frau Anna Pestalozzi-​Schulthess und mit Un­ter­stüt­zung sei­ner Schwie­ger­el­tern den Neu­hof, den sie als land­wirt­schaft­li­chen Mus­ter­be­trieb or­ga­ni­sier­ten. 1770 kam ein Sohn zur Welt, den der Vater nach Jean-​Jacques Rous­seau «Hans Jakob» nennt («Jac­que­li»). Ab 1774 nahm das Ehe­paar Pes­ta­loz­zi drei Dut­zend Kin­der auf, die zu pro­to­in­dus­tri­el­ler Ar­beit an­ge­hal­ten und un­ter­rich­tet wur­den. Immer wie­der ge­riet der Be­trieb in fi­nan­zi­el­le Schief­la­ge, 1780 schliess­lich folg­te der Kon­kurs. Über­haupt sei Pes­ta­loz­zi ein «Ex­per­te im Schei­tern» ge­we­sen, nicht zu­letzt in sei­nen «Un­ter­neh­mun­gen als Vater», schrei­ben zwei Ken­ner der Bil­dungs­ge­schich­te 2017 in der Neuen Zür­cher Zei­tung.

Il­lu­mi­na­tor und po­li­ti­scher Den­ker

Jo­hann Hein­rich Pes­ta­loz­zi ver­kehr­te in auf­klä­re­ri­schen Krei­sen, war 1783 ein Mit­be­grün­der eines Ab­le­gers des «Ilu­mi­na­ten­or­dens» sowie 1784 der «Ge­sell­schaft zur Auf­nah­me des Guten» in Zü­rich. Ab 1780 ver­fass­te er jene Werke, die hohe na­tio­na­le und in­ter­na­tio­na­le Auf­merk­sam­keit fan­den: Die fran­zö­si­sche Na­tio­nal­ver­samm­lung er­nann­te ihn 1792 zum Eh­ren­bür­ger. Zur Zeit der Hel­ve­ti­schen Re­pu­blik ver­brei­te­te er sein päd­ago­gi­sches Pro­gramm unter an­de­rem als Re­dak­tor des «Hel­ve­ti­schen Volks­blat­tes», mit der «Schwei­ze­ri­schen Ge­sell­schaft für Er­zie­hung» und der Be­treu­ung von Kriegs­wai­sen in Stans. 

«Kopf-​Herz-Hand–Päd­ago­gik» prägt die Schweiz bis heute

Noch zu Leb­zei­ten hatte sich Pes­ta­loz­zis Päd­ago­gik zu einer von Eu­ro­pa bis nach Nord­ame­ri­ka ver­brei­te­ten Lehre ent­wi­ckelt. Wich­tig, ja staats­tra­gend, war die Päd­ago­gik Pes­ta­loz­zis für die mo­der­ne, li­be­ra­le und pro­tes­tan­ti­sche Schweiz, die kon­se­quent auf Bil­dung setz­te: Die «Kopf-​Herz-Hand–Päd­ago­gik» ver­bin­det Pra­xis und Theo­rie, Bau­ern­schaft, Ge­wer­be und Bür­ger­tum, Stadt und Land. Auch die star­ke Stel­lung der Be­rufs­bil­dung in der Schweiz, die neu­er­dings auch ex­por­tiert wird, sowie die im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich tiefe Quote von Aka­de­mi­kern und eine Grund­skep­sis ge­gen­über In­tel­lek­tu­el­len lässt sich als ein Erbe Pes­ta­loz­zis in­ter­pre­tie­ren.

Quel­len

  • Grube, Nor­bert und Clau­dia Mäder (2017): Pes­ta­loz­zi. Die dunk­len Sei­ten des Va­ters der Na­ti­on (NZZ Ge­schich­te 11), Zü­rich.
  • Hof­s­tet­ter, Rita und Ber­nard Schneuw­ly (2011): Zur Ge­schich­te der Er­zie­hungs­wis­sen­schaf­ten in der Schweiz, Bern.
  • Stad­ler, Peter: Pes­ta­loz­zi, Jo­hann Hein­rich, in: His­to­ri­sches Le­xi­kon der Schweiz (HLS), Ver­si­on vom 18.11.2020, (ab­ge­ru­fen am 18.02.2021). 

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Autor Dr. Markus Zürcher
Dr. Mar­kus Zür­cher
Ge­ne­ral­se­kre­tär SAGW
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