Vadian (SG):
Humanistischer Tausendsassa wird beliebter Versammlungsort
Eckdaten
Ort: | Marktplatz, 9000 St. Gallen |
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Art: | Personendenkmal |
Einweihung: | 1904 |
Grösse: | 3.75 Meter |
Material: | Bronze |
Zum Denkmal
Das Vadian-Denkmal verfügt in der Gemeinschaft der Schweizer Denkmäler über ein Privileg: Es ist wohl einem grossen Teil «seiner» Stadt-Bevölkerung, den St. Gallerinnen und St. Gallern, zumindest dem Namen nach bekannt.
Grund dafür ist nicht etwa die Person des Reformators Joachim Vadian, sondern der zentrale Standort der Statue auf dem st.-gallischen Marktplatz, ihre Unübersehbarkeit (3.75m!) und vor allem: ihr bequemer Sockel. Eigenschaften, die aus dem Vadian-Denkmal einen beliebten Treffpunkt und Aufenthaltsort gemacht haben, für Demonstrierende, Sonnensuchende oder Nachtschwärmer. An der Einweihungsfeier des Denkmals am 7. Juli 1904 war das Publikum noch deutlich weniger vielfältig: Offizielle Vertreter der katholischen Kirche beispielsweise fehlten gänzlich.
Der Reformator wird restauriert
2014 begab sich der rund 2.5 Tonnen schwere Reformator nach 110 Jahren für ein Auffrischungsprogramm in die Kunstgiesserei im Sittertal, wo er unter anderem geköpft wurde. Seinen Sockel wärmte in der Zwischenzeit ein fliehendes Aluminiummännchen namens «der Läufer» des St. Galler Künstlers Hans Thomann. Der bronzene Vadian hingegen war kein «einheimisches» Werk: Nachdem der Historische Verein und der Kunstverein 1889 die Errichtung des Denkmals beschlossen hatten, konnte sich die Eidgenössische Kunstkommission nicht für einen st.-gallischen Bildhauer erwärmen und vergab den Auftrag an den Solothurner Richard Kissling (der ebenfalls das Tell-Denkmal in Altorf geschaffen hat). Gegossen wurde die Statue dann in Paris.
Akademiker, Arzt, Politiker, Reformator – und ungeliebter Nachbar
Auch der echte Vadian verliess mehrmals seine Geburtsstadt: Der Spross der einflussreichen St. Galler Kaufmannsfamilie von Watt bildete sich an der Universität Wien zum humanistischen Universalgelehrten aus und waltete zeitweilig gar als deren Rektor. Nach seiner Rückkehr in die Stadt St. Gallen (1518) setzte sich der nun als Amtsarzt tätige Vadian bald als Politiker und schliesslich (25 Jahre lang) als Bürgermeister für die Reformation ein. Wenig erfreut über diesen Aktivismus war der Sanktgaller Fürstabt als direkter Nachbar. Auch privat schien der Reformator mit seinen Nachbarn nicht auf gutem Fuss zu stehen – 1544 klagte Vadian gar gerichtlich gegen einen davon.
Doch keine weisse Weste?
In der jüngeren Zeit wurden Zweifel an der Unbescholtenheit des Humanisten laut (Artikel in der Ostschweiz): So soll sich Vadian regelmässig brieflich mit dem St. Galler Kaufmann Hieronymus Sailer ausgetauscht haben, der zu den ersten Sklavenhändlern gehörte. Durch ihre internationale Kaufmannstätigkeit sei es zudem möglich, dass die Familie von Watt in irgendeiner Form mit dem Sklavenhandel in Verbindung stand. Erhärtete Belege scheint es bisher aber keine zu geben.
Quellen
- Guggenheimer, Dorothee: «Stehe er stolz und stark und kühn», in: St. Galler Tagblatt, 29.06.2004 (abgerufen am 10.02.2021).
- Hanimann, Beda: Mahnmal für eine dynamische Stadt, in: St. Galler Tagblatt, 15.01.2014 (abgerufen am 10.02.2021).
- Hochbauamt St. Gallen (2014): «Stadtvater Vadian» - Restaurierung und Stabilisierung, in: Hochbauamt 180 (abgerufen am 10.02.2021).
- Huber, Johannes (2018): Das Vadian-Denkmal in St. Gallen, in: Die Reformation bricht durch: Phänomene und Folgen, Neujahrsblatt Historischer Verein des Kantons St. Gallen 158, S. 278-285.
- Sieber, Christian: Vadian, Joachim, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.11.2013 (abgerufen am 11.02.2021).
- Surber, Peter (26.10.2017): Obergärig ins Reformationsjahr, in: Saiten, Ostschweizer Kulturmagazin (abgerufen am 10.02.2021).
- Website zu 500 Jahren Reformation: St. Gallen, Vadiandenkmal (abgerufen am 10.02.2021).
- Zeyer, René: Kann das Vadian-Denkmal bleiben?, in: Die Ostschweiz, 11.08.2020, abgerufen am 10.02.2021.
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