Denkmal

In memoriam …

Eingabe 28_PF | Faustina Peloso, Gestalterin von Bildern und Objekten, Sozialpädagogin FH

Begründung

Das geht gar nicht, dachte ich. Wirklich nicht!
Habe ich gestaunt über die Vorschläge zum Wettbewerb. Die vielen Denkmal–Männer.
Stehen sie da, gehen da, einige fern meines Empfindens. Und wenige Frauen,
die schöne Brahmsrösi in Trance,
die geflügelte Bourbaki Göttin, in ihren Händen das Desaster Helvetia, die Sinnende,
die alleingelassene Dorothee Wyss.

Bin ich ausserirdisch, nicht von hier,
fehlt mir die gemeinsame Vergangenheit? – Nein.

Ich suchte nach Denkwürdigem im weiten Web und verirrte mich in der Leere.
Vielleicht habe ich Denk Mal falsch verstanden? Historie, Vergangenheit, hmmm.

Herr Bubenberg zu Bern zum Beispiel. Muss ich ihn vom Sockel stürzen?
Wo knüpfe ich an?
An seinen Tugenden? – Na ja, da fehlt noch was. Gefällt mir die Figur? – Sooo adrett.
Steht er interessant in der Umgebung? – Der reibt sich wohl die Seelenaugen. Hatte er Einfluss in der Geschichte? – nach der geltenden Histografie auf jeden Fall. Soll er doch da oben stehen dürfen.
Aber wo sind die bedeutenden Frauen jener Zeit?
Die Frage kommt sofort, auf dem Fuss jedes Männersockels, ich kann nicht anders.

Hmmm. Verlange ich etwas wiederzuerkennen?
Ist ein Denkmal ein Spiegel? Ein Teich, wo der trübe Bodengrund mich neugierig macht und sich gleichzeitig die Reflexion der Oberfläche auf mich zurückwirft
und ich ins Grübeln komme?
Über mich oder das Zurückgebliebene?

Das Denkmal soll mir nicht ein unablässig nerviger Stachel sein. Ich will etwas Menschenfreundlichkeit,
beim Betrachten einen guten Gedanken zurücklassen können, mich respektvoll verneigen vor Geleistetem,
ob als Ideal oder mich erinnernd an Leid.
Ich wünsche von Material, Formen und Farben verführt zu werden.
Es soll mir den Denkraum öffnen und den Dialog möglich machen.
Weil das Denkmal da steht, so lange Zeit.

Ich wandte mich und suchte erneut und kreuzte den Weg
mit Portrait von Frauen zum Jubiläum 50 Jahre Frauenstimmrecht.
Ich stand auf dem Helvetiaplatz in Zürich, am Ende des Frauenstreiktages, am 14. Juni, in diesem Jahr.
Sah nach oben auf dem Sockel schreitend, die beiden Männer der Arbeit,
im Schlepptau die Mutter und Handtaschen-Frau, dazwischen das Kind, im warmen Abendlicht, umgeben von atmenden Frauen, Männern und wenigen Kindern.
Die grossen und schweren Figuren des Denkmals für Arbeit gefallen mir. Es ist der Entwurf von Karl Geiser, gewonnen im Wettbewerb 1952.

Aber wo auf dem Platz fand ich einen Zweig der Frauenarbeitsgeschichte? Wo eine Wurzel eines Gedankens an Frauenrechte in der Skulptur?
Wo ein Widerhall einer Erinnerung aus vergangener Zeit?
Zum Beispiel einer Frau, die kämpferisch verbunden war mit diesem Platz, bereits vor hundert Jahren schon.

Sie wurde vergessen, weil – vielleicht zu unbequem, vielleicht zu rebellisch, vielleicht zu Frau,
einfach unpassend,
und darum weggedacht.

So habe ich sie dazugefügt,
der kleinen Gruppe aus der Vergangenheit, auf dem Stein. Die tatkräftige Frau, im Andenken an Rosa Bloch-Bollag 1880–1922.
Die sich durch den Türspalt kämpfte,
für das Recht der Frauenworte in der Politik! Welche in Zürich vor dem Männerrat sprach, soziale Gerechtigkeit und volle Taschen forderte
und für die Sicherstellung der Grundbedürfnisse auf dem Helvetiaplatz die Faust erhob. In Erinnerung an Rosa Bloch-Bollag,
die als handelnde Frau fruchtbar für die Gesellschaft vorne hinstand.

Die Vorstellung, am Denkmal direkt Veränderungen anzubringen, fällt mir schwer. Es ist in gewisser Weise unantastbar, auch wenn mich manche sehr stören. Darum blieb mir für den Wettbewerb keine Wahl, als einem Denkmal einen Gegenpart hinzuzufügen, um eine neue Aussage zu bewirken. Der Beweggrund für die Wahl des Denkmals und die Umsetzung, sollte aus dem Text erkennbar werden. Ich beanspruche also den Joker für die Teilnahme.

Die Auswahl der Symbole auf dem Gewand ist unvollständig. Ein Zeichen sollen folgende Werte erhalten: Frauenrechte, Toleranz, Solidarität, Denken, Handeln, Grundbedürfnisse, Freiheit, Gerechtigkeit … Die Figur würde sich im dreidimensionalen Arbeitsprozess wohl noch verändern. Der Sockel ist aus Eisen gedacht, die Figur als ein Betonguss.

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